Genusslauf 2018 - Hellway To High

Das Motto des 18. Genusslaufs zu Müllheim liess Blitz, Donner und Hagelschauer erwarten – doch statt einen Höllenpfad in die Höhe der Wälder zu legen, zeigte sich der alemannische Wettergott einmal mehr von seiner besten Seite und schickte Sonnenschein mit frühsommerlichen Temperaturen. Insgesamt 1300 Lauf- und Genussfreunde erlebten so ein intensives und wunderschönes Wochenende im Markgräflerland.

Die Ouvertüre am Freitag

Bereits im zweiten Jahr unserer Mitgliedschaft in der internationalen Genusslaufserie – der Challenge de Convivialité mit 19 fantastischen Laufveranstaltungen – bekamen wir ab Donnerstag Besuch aus Paris: Bernard Brassart, Kommunikations-Verantwortlicher der Challenge, war mit seiner Frau Eliane gekommen, um sich selbst ein Bild vom noch jungen Verbandsmitglied, dem einzigen aus Deutschland, zu machen. Er sollte schliesslich, nach der Teilnahme an sämtlichen Events des Laufwochenendes, inklusive dem Halbmarathon, den er mit seinen 72 Jahren souverän und aufrecht vollendete, mit einem sehr guten Eindruck die Heimreise antreten. Selbstverständlich wurde die kleine Delegation aus dem Nachbarland am Freitagnachmittag am Müllheimer Weinmarkt vom Präsidentenpaar und dem Vorstandsdelegierten für auswärtige Angelegenheiten gleich einmal in die Geheimnisse des lokalen Rebensafts eingeweiht.

Tag 2 – der Degustationslauf zum Weingut H. Schlumberger

Etwas überraschend begann der Samstag Vormittag mit eher kühlen Temperaturen und leichtem Nieselregen. Nicht ganz ideal für die vielen ehrenamtlichen Helfer/innen, die im Eichwaldstadion die Zelte, Stände sowie die komplette Laufinfrastruktur aufbauten. Doch liessen sie und all die anderen Ehrenamtlichen – insgesamt gegen 100 – sich davon nicht von ihren Aufgaben abhalten. Zumal ganz plötzlich, vor dem Start des beliebten und stets ausgebuchten Degustationslaufs, die Sonne das Thermometer in die Höhe schiessen liess. Viele alte Bekannte, Fans dieses speziellen Laufes, hatten erneut gemeldet. Erstaunlich flott wurden die 9 km zum befreundeten Weingut H. Schlumberger zurückgelegt, so dass Ulle Bernhart – Weingutschef mit seiner Frau Claudia, zugleich im Genussläufer-Vorstand aktiv als Genussbeauftragter – die Weinprobe bereits eine Viertelstunde früher starten konnte. Der zunehmende steigende Lärmpegel brachte die ausgezeichnete Stimmung zum Ausdruck, in welcher die deutsch-französische Degulauftruppe durch die betörenden Weine von Maitre Ulle versetzt wurde.

Pasta-Party mit höllischem Sound

Fast unmittelbar nach Abschluss dieses Vorlaufs vor dem grossen Lauftag ging es für die Mehrzahl der Degustations-Läuferschar ins Bürgerhaus Müllheim zur Pasta-Party. Wie im Vorjahr spielte die Band "Route 66" gross zum Tanz auf und brachte die Sohlen der meisten kräftig zum Glühen – der Hellway nahm seinen Lauf. Ein bisschen schade, dass der (zugegebenermassen grosse) Saal nicht ganz gefüllt war. Bis nächstes Jahr werden wir daran arbeiten, versprochen! Doch die, die da waren, brauchten es nicht zu bereuen. Auch mehrere Gänge bester Pasta-Variationen aus der "Sonne" in Badenweiler von unserem aktiven Vereinsmitglied Michael, sowie vergorene Traubensäfte unserer Sponsoren trugen zur guten Stimmung bei und schufen beste Grundlagen für die anstehenden Lauf-Wettbewerbe.

Tag 3 – die Ereignisse überschlagen sich

Schon früh am Sonntag trafen die ersten Genussläufer/innen im Eichwaldstadion ein – noch früher begannen die Helfer/innen mit den Vorbereitungen und dem letzten Feinschliff. Und das wie angekündigt bei strahlendem Sonnenschein, zunächst noch angenehm frisch, später frühsommerlich war. Schlag 12 Uhr starteten 150 begeisterte Kinder voller Spannung ihren alljährlichen Lauf: die Jagd aufs Wildschwein. Im kurzen Interview auf der Bühne konnte man sich vergewissern, dass dieses Borstenvieh tatsächlich astreines alemannisch sprach.

Nun ging es Schlag auf Schlag: kaum waren die Kinder auf der Strecke, kamen die beeindruckendsten Läufer bereits ins Ziel: die sieben Marathoni um Christof Lindenbeck von der Mon-Devoir-Läufergruppe waren bereits im 5. Jahr morgens um 6 Uhr in Freiburg gestartet, um rechtzeitig und ökologisch überkorrekt zum Genusslauf anzutreten. Ab Staufen stiessen zwei weitere Läufer hinzu. Erstmals publizierten wir diesen Charity-Lauf im Vorfeld auf unserer Website, wo man sich auch in Zukunft über die MDM-Läufe informieren kann oder vielleicht sogar selbst mitmacht.

Diabolischer Catwalk

Wenn eine knappe Stunde vor Rennbeginn der Catwalk der kostümierten Läufer/innen beginnt, ist der Platz vor der Bühne stets dicht gefüllt. Inzwischen wuchs die kleine Parade zu einem Höhepunkt des Laufwochenendes. Das diesjährige Motto, "Hellway to High", hat wie gewünscht eine breite assoziative Resonanz hervorgerufen. Die Stimmung im Stadion brodelte, als der leibhaftige Wolfgang Petry alias Yannick aus Freiburg die Bühne erstieg und ganz solo "Wahnsinn, warum schickst du mich in die Hölle" anstimmte – dass im Text Müllheim und der Genusslauf vorkommen war uns zuvor noch gar nicht bewusst. Er wurde später mit Platz 2 in der Einzelwertung und einem 100 € -Restaurantgutschein belohnt. Und da war unser Sieger, Mara-Tonni alias Josef aus Oberkirch, der begleitet von einer kleinen Teufelsgruppe, in einen monströsen Wecker verpackt seinen letzten Halbmarathon zu laufen gedachte – im Ziel aber bereits erste Hoffnungen auf ein baldiges Comeback anklingen liess. Originell wie immer auch der langjährige Verkleidungskönig Bernd aus Freiburg (Platz 3), dieses Mal als schornsteinfegender Kehrdevil auf der Strecke.

Drei Laufgruppen überraschten mit riesigen Aufbauten und diabolischem Vergnügen: 8 Läufer/innen aus Weil am Rhein (die Ferraritruppe aus dem Vorjahr) trugen anlässlich ihres 10. Genusslaufs einen riesigen Hai ins Stadion. Was der mit dem Motto zu tun hatte? Er hiess Runners Hai! Platz drei. Platz zwei ging an eine komplette Strasse, für die der Weg kaum freizubekommen war: die B31 auf ihrem Weg durchs Höllental nach Himmelreich. Sieger wurde dieses Jahr die Mon Devoir-Gruppe, die einen gigantischen Dieselmotor mit unzähligen menschlichen Zylindern, gewaltigen Emissionen und einem Heer von teuflischen Partikeln auf die Strecke brachte – Platz 1 ging an Zerberus den Höllenhund. Fantastische Ideen zuhauf! Und alle drei Gruppen liefen mit ihren wilden Konstruktionen die gesamte Strecke bis ins Ziel – Chapeau!

Halb – und Viertelemarathon: der Tag der Köche

Bei besten Bedingungen startete unser Kanonier – Gérard Schweighoeffer – punktgenau um 13 Uhr den schönsten Halbmarathon Deutschlands. 25 Minuten später ging das riesige Feld der Viertele-Marathoni auf die Strecke. Dass der Genusslauf der etwas besondere Lauf ist zeigt sich auch daran, dass mehr als 40% der Startplätze in beiden Läufen von Frauen gebucht wurden – in welchem Lauf gibt es das schon? Später im Ziel schwärmten die Läufer/innen von der wunderschönen Strecke, der aussergewöhnlich guten Verpflegung und sie berichteten von berauschenden Erlebnissen an den Weinständen – hier haben wohl einige, laut Beobachtung unseres Besenläufers Bernhard, deutlich übertrieben. Wir müssen uns vielleicht die Frage stellen, ob es noch fair ist, dieselben Läufer auch noch mit dem Menü der letzten 30 zu belohnen. Jedenfalls hatten sie viel Spass.

Für die Eliteläufer war es natürlich grenzwertig heiss. Der strahlende Halbmarathonsieger unter 275 Finishern in unserer Königsdisziplin hiess erneut Fritz Koch – er büsste gegenüber letztem Jahr mehrere Minuten ein, war aber überglücklich darüber, dass er laut eigenen Aussagen erstmals ein Rennen das dritte Mal in Folge gewinnen konnte. Dieses Mal knapp geschlagen wurde unser Abonnent auf einen Podestplatz, Robert Krinke, dem wir den Sieg unbedingt auch einmal gönnen würden. Deutlich dahinter kam Fabian Seidler auf den dritten Rang.
Auch bei den Damen stieg ein(e) Koch aufs Podest: Julia Koch wurde Dritte. Davor platzierte sich Lena Wagner. Deutliche Erste wurde die Berlinerin Stefanie von Mechow, die sich sichtlich über ihren Sieg freut. Im Viertele-Lauf über gut 10'000 Meter mit insgesamt 864 Zielankünften wiederholte Karin Kramer ihren Vorjahreserfolg und den von 2015 vor Daniela Bär und Heike Dold. Bei den Männern stürmte Lokalmatador Dominik Meier aus Müllheim weit vor dem Feld auf Platz 1. In einem packenden Finish über mehrere Kilometer sicherte sich der erst 18-jährige Caleb Trabitzsch, der hier schon mit 16 Jahren Zweiter wurde, erneut Rang 2. Im Sekundenabstand folgten Fabian Klotz und Simon Andreas Wuethrich.

Party mit teuflisch guter Stimmung und einem Weltrekordler

Das bunte Bild, das festliche Treiben, die fetzige Musik im bestens gefüllten Stadion erinnerten gegen Ende des Rennens fast mehr an ein Festival als an eine Laufveranstaltung. Ausgelassen, bei stimmungsvollem Sound von DJ Tommy, leckeren Kanapees, Würstchen, Wein und Sekt feierten 1300 Siegerinnen und Sieger ihren ganz persönlichen Triumph. Lächelnd, selten hechelnd, stürmte eine nach dem anderen über die Ziellinie.

Gerade hatte die Siegerehrung begonnen – mit wertvollen Geld- und Sachpreisen für die Schnellsten, die Bestkostümierten, die Turbo-Kalorienverheizer sowie die jeweils 66sten. Da: plötzlicher Applaus – und dann kam er tatsächlich höchstselbst– oder war es etwa nicht der Teufel, der mit raschen Schritten, aber rückwärts sich bewegend, geradewegs zur Bühne stürmte?! Natürlich nicht – erstmals nämlich war Ralf Klug aus Kenia, gebürtiger Kanderner, unseren Halbmarathon rückwärts gelaufen. Und genau dieser Ralf Klug ist seit letztem Jahr aktueller Weltrekordhalter über 100 Km Rückwärtslaufen (21h:20). Natürlich erhielt er als Sieger in dieser für uns neuen Disziplin einen Ehrenpreis.

Das Finale

Während die einen im Stadion weiterfesteten, andere mit dem Aufräumen begannen, die nächsten sich zu einer grossen Gartenparty in Müllheim aufmachten, begann im Restaurant Messer&Gradel mit dem Walking Dinner der Schlussevent eines rundum gelungenen Wochenendes. Wir bedanken uns bei allen Ehrenamtlichen für die engagierte und reibungslose Organisation. Ganz besonders aber sagen wir Dankeschön an die vielen Fans und Läufer/innen aus nah und fern (Merci aussi à tous les coureurs de la France et de Belgique), die auch diesen 18. Genusslauf zu einem grossartigen Event gemacht haben. Nächstes Jahr am letzten Aprilwochenende hoffen wir, Euch alle gesund und munter wieder bei uns begrüssen zu dürfen. Bis dahin alles Gute!

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