Genusslauf 2023 - Reportage

Tanz in den Maien am Hoffest

Mit einem schwungvollen Tanz in den Maien und einem festlichen Markt der Genüsse endete ein großartiger Genusslauf in seiner einundzwanzigsten Auflage. Dort wo am Samstagvormittag für einige Organisatoren das lange letzte Aprilwochenende angefangen hatte: beim Hoffest unseres Genussbeauftragten Ulle, dessen Weingut Schlumberger-Bernhart in Laufen zeitgleich sein stolzes 300-jähriges Betriebsjubiläum feierte – wir sagen an dieser Stelle «herzlichen Glückwunsch»! Doch der Reihe nach. Schon viele Wochen zuvor hatten natürlich die aufwendigen Vorbereitungen unseres Laufs begonnen – ein harter Kern um Präsi Niels Tröger ist nahezu ganzjährig mit der Vor-und Nachbereitung dieses größten Lauf-Events in der Toskana von Südbaden, dem wunderschönen Markgräflerland, beschäftigt: Bewilligungen, Ausschreibung, Sponsoring, Zeitmessung, Anmeldungen und und und ...

Degustation noch und nöcher

Der spätere Moderator, unser Informatikchef und Herr der Zeitmessung und andere ließen es sich nicht nehmen, als Warm-up vor dem samstäglichen Degustationsläufchen beim Hoffest vorbeizuschauen und sich durch das reichhaltige Sortiment der Schlumbergers und ihrer drei Gastwinzer, u.a. aus dem Burgund und Südtirol, durchzudegustieren. Gut beschwingt traf die kleine Freiburger Delegation im sonnigen Eichwaldstadion ein, wo sie bereits von einigen der angemeldeten Läufer*innen hoffnungsvoll erwartet wurden. Der stets rasch ausgebuchte Degulauf wird mehr und mehr zu einem kleinen «Familientreffen» - die Mehrzahl der Teilnehmer*innen lässt sich diesen Vorlauf Jahr für Jahr nicht entgehen – begleitende Dialekte sind neben dem Hessischen das Fränkische, natürlich auch das Allemannische und immer häufiger das Französische. Unter anderem startete die kleine sympathische Delegation des großen Beaujolais-Marathons (ca 20'000 Läufer*innen hat es dort), einer der 20 internationalen Genussläufe, zu denen unser eigener seit vielen Jahren als einziger deutscher Lauf zählt. Wir empfehlen, unbedingt mal in die Seite reinzuschauen: www.challengedelaconvivialite.fr. Traditionell beginnt der Lauf mit einem Gläschen Sekt. Die neue Route führte über steile Anstiege auf einen Aussichtspunkt hoch über Müllheim, wo uns nach knapp 3km bereits ein reich gedeckter Tisch mit hausgemachtem Nusszopf und Markgräfler Gutedel erwartete, dem süffigen Tropfen, mit dem alle Einheimischen groß geworden sind. Von hier an ging’s bergab, dem Klemmbach entlang durch Müllheims schönen alten Kern. Das alljährliche Ziel ist stets eines der fünf Sponsoren-Weingüter, 2023 war das wieder einmal das örtliche Traditionsweingut von Hermann Dörflinger, mitten in der Stadt. Der gutgelaunte Chef ließ es sich nicht nehmen, die anschließende Probe für die leicht verschwitzte Läuferschar selbst zu übernehmen. Der Juniorchef führte uns danach sogar durch den alten Keller, Spätburgunder-Fassprobe inklusive, zur Freude aller Weinfreunde!

Prima Pasta

Fast nahtlos ging der beschwingte Nachmittag in die abendliche Pasta-Party über. Wieder sauber gekleidet, mit zusätzlichen Gästen, gab es reichlich Pastagerichte – ausgezeichnet zubereitet vom Stadionwirt. Ein eigens aus Berlin eingeflogener DJ, im Alltag MdB in der Hauptstadt, sorgte dafür, dass die Tanzfläche schnell gut gefüllt und die Stimmung der vielen Genussläufer*innen wirklich prächtig war.

Canapés und Beaujolais

Sonntagmorgen, Genusslauf, Hauptveranstaltung. Schon in den frühen Morgenstunden wuselten emsige Helfer*innen durch das ganze Stadion, riesige Anhänger und VW-Busse wurden beladen für die vielen Verpflegungsposten, Startnummern bereitgestellt, die Zeitmessung installiert, Essens- und Getränkestände aufgebaut, Tausende von frisch zubereiteten Canapés angeliefert, Hunderte Bananen, Kiwis und Melonen portioniert. Die fidele Beaujolais-Truppe lockte bereits mit einem feinen Tröpfchen und einer Platte «Crudités». Erste aufgeregte und erwartungsfrohe Menschen im Sportdress bevölkerten das Eichwaldstadion. DJ Lurchi heizte mit chilligem Sound ein- die Strapazen des Vortags waren rasch vergessen.

Catwalk und Pflegenotstand

Immer mehr Kostümierte zogen im Verlauf des Vormittags die Blicke auf sich. Das Motto "Flying Circus" regte offensichtlich viele zu äußerster Kreativität an. Der Catwalk sowie die spätere Preisverleihung der besten Verkleidungen hat sich immer mehr zu einem hochunterhaltsamen Höhepunkt des Genuss-Events entwickelt. Kaum war um 12 Uhr die vereinseigene Wildsau mit gut 100 Kindern im Schlepptau zum Kinderlauf unterwegs – Ziel der Kinder ist, das Wildschwein zu überholen, und nicht wie in früheren Tagen bei der Jagd fast zu erdrosseln – da präsentierten sich die Zirkusartist*innen, Harlekins und Clowns auf der Bühne, fachkundig und süffisant kommentiert von der One-Man-Jury Harry. Alte Bekannte legten vor dem riesigen Auditorium eine kurze Performance hin, oft mit eigener Musik unterlegt: Yannick, der Pantomime, in vergangenen Jahren als Schnecke und Sauna unterwegs, erhielt später den dritten Preis. Der erst 13-jährig Maximilian gefiel als fliegender Popkornhändler mit Bauchladen, inklusive grosszügiger und kostenloser Verteilung von Lutschern und holte sich den verdienten 2. Preis. Die Einzelsiegerin Gabriele mit ihrem One-woman-circus transportierte in ihrer aufwendigen Aufmachung viele Bereiche des Zirkus bildhaft und als Symbol, vom Clown bis zur Raubtiernummer mit Tiger. Spektakulär waren wieder die Inszenierungen der verschiedenen Kostüm-Gruppen. Allen voran die glückliche Siegertruppe aus Nürnberg, die "Granatäpfel", die alljährlich anreisen und fast nicht mehr wegzudenken sind von diesem Anlass. In ihrer sehr politischen Performance nahmen sie den ewigen Zirkus des Pflegenotstands, inklusive geldgieriger Investoren mit selbstgetexteten und gesungenen Strophen auf die Schippe.

Kreisverkehr: currite et bibite

Von höchstem Unterhaltungswert war einmal mehr der Auftritt der ca. 20-köpfigen Mon Devoir-Gruppe aus Freiburg, die in Togo eine Schule mit 1000 Kindern finanziert. Sie gewannen dieses Mal den 2. Preis. Chat GPT hatte ihnen vermittelt, Running Circus sei ein Kreisverkehr. Und diesen mobilen Kreisverkehr stellten sie äusserst humorvoll großflächig vor – ihr moderierender Papst im Papamobil, mit Leitsprüchen wie "currite et bibite" (laufe und saufe) oder "paederasti ite domum" (P. go home), erläuterte ihre Assoziationen auf der Bühne, umringt von einem Schilderwald. Gestört wurde ihr Auftritt, wie auch später der Zieleinlauf des kreisenden Kreisverkehrs, von einem Strassenkleber der letzten Generation – mit der Trikotaufschrift "Auch FDP-Kinder wollen eine Zukunft". Neben vielen anderen fantastischen Zirkustruppen namens "RunCalli" und "Ramazotti" oder dem letzten Zirkus mit Tieren gefiel auch die Freiburger Haifischnummer mit farbenfrohen Kostümen und einem schwebenden Haifischtanz, die zurecht den 3. Preis einheimste.

Der Genusslauf 2023

Nach einem kurzen Warmup mit Steffi vom Rückgrat Müllheim-Team folgten die Begrüßungsworte des mitlaufenden Müllheimer Bürgermeisters, Martin Löffler – inklusive der Entschleierung des neuen Ortsschilds «Müllheim im Markgräflerland», welches das alte «Müllheim/Baden» ablöst. Flankiert wurde er von unserem Gründervater und MdB Christoph sowie dem Präsidenten Niels. Punkt 13 Uhr startete der erste Hauptlauf, Deutschlands schönster Halbmarathon, hinein in die Wälder und Reben, 20 Minuten später bereits der Viertele-Marathon. Fast exakt 1'000 Laufbegeisterte, viele erschwerend mit Zirkuskostümierung, waren angetreten. Traditionell dauerte es angesichts fantastischer Verpflegungstopps – an denen neben kulinarischen Köstlichkeiten auch nacheinander reichlich Gutedel, Weißburgunder, Grauburgunder und Pinot Noir angeboten wurde – bei manchen Teilnehmer*innen Stunden, bis sie wieder im Stadion gesichtet wurden, wo Matthias H. und Albrecht den Zieleinlauf kommentierten und Matthias P. das neue Zeitmessungssystem souverän steuerte. Ein ums andere Mal klang in den Statements der verschwitzten Ankömmlinge die riesige Begeisterung durch über diesen einzigartigen Lauf.

Wahre Sieger, Top-Leistungen

Wahre Sieger sind alle, die diesen anspruchsvollen Kurs bewältigen. Zudem wurden im Ziel selbstverständlich auch die kostümierten und schließlich natürlich die sportiven Sieger*innen geehrt. Bei den Halbmarathoni siegte zum 6. Mal in Folge «Local Hero» Fritz Koch, erklärtermaßen ein Fan des Genusslaufs, in fantastischen 1:13.58. Die Plätze 2 und 3 belegten Andreas Ambs und Dino Heinert. Bei den Damen erreichte Lena Wagner in guten 1:27.32 das Ziel, gefolgt von der Berlinerin Stefanie von Mechow (die nun sogar ihren Wohnsitz nach Müllheim verlegen wird, wie sie im Interview bekundete) sowie Annette Danner. Beim (badischen) Viertele-Marathon gewann Binka Glatt in 49:16 vor Annette Horstschäfer und Julia Ritter. Der Sieger auf dieser Strecke, Hannes Schnitzer, lief mit sensationellen 36:17 die zweitschnellste Zeit in all den Jahren. Lediglich 12 Sekunden fehlten auf die «ewige» Bestzeit aus dem Jahr 2006 von Nouredine Kechad von der deutsch-französischen Brigade. Der inzwischen 51-jährige Nouredine höchstpersönlich lief in irren 37:12 auf Platz 2 und kündigte Fritz Koch schon einmal ein Duell für 2024 an – dann auf der Halbmarathonstrecke. Dritter wurde der langjährige Starter und Podestläufer Daniel Steffi.

Finale in Laufen

Nachdem die letzten Canapés verzehrt, die letzten Sektgläser geleert und das Stadion von den gröbsten Spuren des Genusslaufs 2023 befreit waren, machten sich viele auf zum «Markt der Genüsse» – zurück zum Ort, der eingangs dieses Berichts schon eine Rolle spielte. In einem Séparée, inmitten des bestens besuchten Hoffestes beim Weingut Schlumberger-Bernhart, traf sich noch einmal eine stattliche Anzahl von Genussläufer*innen von nah und fern, um dieses wunderbare Wochenende feierlich abzuschliessen. Bei einem köstlichen Menü und den ausgezeichneten Tropfen des Weinguts kam, aller Erschöpfung zum Trotz, beste Stimmung auf. Auch das Tanzbein konnte zu den housigen Klängen von DJ Trüby geschwungen werden. Erst mit dem Tanz in den Maien, deutlich nach Mitternacht, brachen die letzten Held*innen auf in ihre Betten. Nächstes Jahr, wie immer am letzten Aprilwochenende, wollen wir die Geschichte des Genusslaufes mit all seinen Fans fortsetzen und laden zum 22. Mal Laufbegeisterte von nah und fern zu uns ein.
Albrecht Schönbucher

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